Neuen Informationspflichten für Arbeitgeber nach dem Nachweisgesetz
In Umsetzung der EU-Richtlinie 2019/1152 wurde das schon bisher bestehende Nachweisgesetz zum 01.08.2022 geändert. Bereits bisher war in § 2 Abs. 1 NachweisG (a.F.) geregelt, dass der Arbeitgeber die wichtigsten Vertragsbedingungen schriftlich niederzulegen hat und dem Arbeitnehmer aushändigen muss. Das ist in der Regel in Form eines schriftlichen Arbeitsvertrages geschehen. In der juristischen Praxis war die Relevanz des Nachweisgesetzes gleich Null, da Verstöße nicht sanktioniert worden sind.
Das hat sich nun entscheidend geändert. Ab dem 01.08.2022 müssen den Arbeitnehmern erheblich mehr Informationen schriftlich ausgehändigt werden als bisher. Es gibt im Grunde zwei Möglichkeiten, wie man das als Arbeitgeber erledigen kann: Entweder ändert man die Arbeitsverträge für die neu eingestellten Arbeitnehmer oder man erstellt ein extra Nachweisblatt, auf welchem diese Informationen aufgeführt sind, legt das dem Arbeitsvertrag bei uns lässt dieses Niederschrift vom Arbeitnehmer gesondert unterschreiben. Die gesonderte Niederschrift hat den Vorteil, dass man das auch für die Arbeitnehmer verwenden kann, die schon beschäftigt sind. Die neuen Pflichten gelten für alle Neueinstellungen ab dem 01.08.2022. Für die bereits beschäftigten Arbeitnehmer gilt, dass sie nur dann schriftlich unterrichtet werden müssen, wenn sie den Arbeitgeber dazu auffordern. Dann gibt es eine Frist von 7 Tagen.
Wichtig ist das Ganze deshalb, weil es mittlerweile Bußgeldvorschriften gibt, die bei Verstößen bis zu € 2.000,00 pro Verstoß festsetzen. Bei einer großen Anzahl von Arbeitnehmern kann das also richtig teuer werden, wenn diese das gleichzeitig verlangen und monieren.
Der Gipfel der Nachweispflichten besteht darin, dass man auch jetzt auf die dreiwöchige Klagefrist nach Erhalt einer Kündigung hinweisen muss. Die Regelung in § 7 des Kündigungsschutzgesetzes, wonach Kündigungsschutzklagen, die später als 3 Wochen eingereicht werden, verfristet und damit unbeachtlich sind, bleibt bestehen. Was die Rechtsprechung allerdings aus dem Ganzen macht und ob sie verspätete Klagezulassungen erleichtert im Hinblick auf die Regelung des Nachweisgesetzes, bleibt abzuwarten. Ob der Arbeitnehmer neben seinem Arbeitsvertrag das Arbeitsblatt aufhebt und liest, ist natürlich eine andere Frage.
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Schmerzensgelder wegen Datenschutzverstößen
Nach Inkrafttreten der Datenschutz Grundverordnung (DSGVO) konzentrierte sich die öffentliche Aufmerksamkeit und die Medienberichterstattung vor allem auf die empfindlichen Bußgelder, die aufgrund der DSGVO ermöglicht und teilweise auch verhängt wurden. Weniger Aufmerksamkeit erlangte zunächst der neue Anspruch auf Erstattung eines immateriellen Schadens nach Art. 82 DSGVO („Schmerzensgeld“). Dies ändert sich zunehmend. Es liegen bereits einige Entscheidungen vor, in denen sich Gerichte mit Schmerzensgeldansprüchen befassen mussten.
In einem Teil der Entscheidungen wurde ein Schmerzensgeld abgelehnt. In vielen dieser Fälle war bereits fraglich, ob überhaupt ein Datenschutzverstoß vorlag. Dennoch beriefen sich diese Urteile stets auch darauf, dass jedenfalls ein – wenn auch immaterieller – Schaden vorgetragen werden müsse. Nicht jeder Datenschutzverstoß führe automatisch zu einem Schmerzensgeld, insbesondere in Bagatellfällen bestehe kein Anspruch (LG Landshut, Urteil vom 06. November 2020 – 51 O 513/20, LG Köln, Urteil vom 07. Oktober 2020 – 28 O 71/20, LG Frankfurt, Urteil vom 18. September 2020 – 2-27 O 100/20, LG Frankfurt, Urteil vom 03. September 2020 – 2-03 O 48/19, LG Karlsruhe, Urteil vom 02. August 2019 – 8 O 26/19, AG Bochum, Beschluss vom 11.03.2019 – 65 C 485/18, OLG Dresden, Beschluss vom 11.06.2019 – Az.: 4 U 760/19).
Ob sich diese Ansicht durchsetzen kann, wird nun der Europäische Gerichtshof (EuGH) entscheiden müssen. Das Bundesverfassungsgericht hat mit Beschluss vom 14. Januar 2021 (Az.: 1 BvR 2853/19) ein Urteil des Amtsgerichts Goslar aufgehoben, das mit dieser Begründung ein Schmerzensgeld abgewiesen hatte. Das BVerfG begründet dies damit, dass Art. 82 DSGVO nicht ausdrücklich eine Erheblichkeitsschwelle oder eine Ausnahme für Bagatellfälle vorsieht. Das bedeutet nun nicht automatisch, dass es solche Ausnahmen nicht gibt, eine entsprechende Auslegung kann aber nur der EuGH vornehmen, dem der Rechtsstreit nun vorzulegen sein wird.
Es gibt aber auch bereits erste Urteile, in denen Schmerzensgeld zugesprochen wurde. Das Arbeitsgericht Köln sprach einer als Professorin tätigen Arbeitnehmerin, deren Profil als PDF-Datei zumindest über eine Suchmaschine noch nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses auffindbar war, ein Schmerzensgeld i.H.v. € 300,00 zu (ArbG Köln, Urteil vom 12. März 2020 – 5 Ca 4806/19). Ein Bewerber, den ein potentieller Arbeitgeber über ein soziales Netzwerk kontaktieren wollte, hierbei aber einen anderen Nutzer kontaktierte und dabei unter anderem die Gehaltsvorstellung des Bewerbers offenbarte, erhielt vom LG Darmstadt ein Schmerzensgeld von € 1.000,00 zugesprochen (LG Darmstadt, Urteil vom 26. Mai 2020 – 13 O 244/19). Auch eine unberechtigte SCHUFA-Meldung führt kann zu einem Schmerzensgeld in Höhe von € 1.000,00 führen (LG Lüneburg, Urteil vom 14.07.2020 – 9 O 145/19). Für die unberechtigte Weitergabe von Mitarbeiterdaten an die Ausländerbehörde nimmt das Arbeitsgericht Dresden ein Schmerzensgeld in Höhe von € 1.500,00 an (ArbG Dresden, Urteil vom 26. August 2020 – 13 Ca 1046/20).
Gefährlich kann es werden, wenn ein Betroffener Auskunft über die Verarbeitung seiner Daten nach Art. 15 DSGVO verlangt, und das verantwortliche Unternehmen die Auskunftserteilung verzögert. So geht das Arbeitsgericht Neumünster von einem Schmerzensgeld von € 500,00 für jeden Monat der Verspätung aus (ArbG Neumünster, Urteil vom 11. August 2020 – 1 Ca 247 c/20). Das Arbeitsgericht Düsseldorf nimmt für die ersten zwei Monate der Verspätung jeweils € 500,00, für die weiteren Monate Verspätung jeweils € 1.000,00 als Schmerzensgeld an, zudem weitere jeweils € 500,00 für jeden inhaltlichen Mangel. Dies summierte sich im dort entschiedenen Fall auf ein Schmerzensgeld von insgesamt € 5.000,00 (ArbG Düsseldorf, Urteil vom 05.03.2020 – 9 Ca 6557/18).
Es steht zu erwarten, dass zukünftig die Höhe der Schmerzensgelder für Datenschutzverstöße weiter steigen wird, insbesondere, falls das Berufen auf einen “Bagatellfall” vom EuGH negativ beschieden wird.
Die Rückkehr des Widerrufs-Jokers?
Mit Urteil vom 26.03.2020 hat der EuGH entschieden, dass Widerrufsbelehrungen nicht den europarechtlichen Anforderungen entsprechen, die für den Beginn der Widerrufsfrist auf den Erhalt der in § 492 Abs. 2 BGB aufgeführten Angaben hinweisen. Die Entscheidung begründet der EuGH damit, dass § 492 Abs. 2 BGB wiederum auf Art. 247 §§ 6 bis 13 EGBGB verweist (sog. Kaskadenverweis). Bei einer solchen Belehrung könne der Verbraucher weder den Umfang seiner vertraglichen Verpflichtung erkennen noch überprüfen, ob der Vertrag alle erforderlichen Angaben enthält und ob die Widerrufsfrist für ihn zu laufen begonnen habe.
Führt dies jetzt dazu, dass alle Darlehensverträge seit dem 10.06.2010 widerruflich sind, wie dies seit dem Urteil in der Presse und in Verbraucherforen diskutiert wird?
Ganz so pauschal sicher nicht. So gilt eine Widerrufsbelehrung, die der gesetzlichen Musterwiderrufsbelehrung entspricht, nach Art. 247 § 6 Abs. 2 S. 3 EGBGB, von Gesetzes wegen als richtig, wenn sie in hervorgehobener und deutlich gestalteter Form erteilt wurde (sog. Gesetzlichkeitsfiktion). Für Immobiliardarlehen, die nach dem 21.03.2016 abgeschlossen wurden endet die Widerrufsfrist nach § 356b Abs. 2 S. 4 BGB nach einem Jahr und 14 Tagen. Ein „ewiges Widerrufsrecht“ kommt somit bei Immobiliardarlehen, die zwischen Juni 2010 und März 2016 abgeschlossen wurden, sowie bei anderen Darlehensverträgen, die nach Juni 2010 abgeschlossen wurden in Betracht, aber nur, wenn sich die Bank nicht auf den gesetzlichen Musterschutz berufen kann.
Das COVID-19-Gesetz – Auswirkungen auf Darlehensverträge
Die Corona-Krise bringt viele Arbeitnehmer und Kleinstunternehmer in erhebliche wirtschaftliche Schwierigkeiten, insbesondere, wenn sie Kredite abzuzahlen haben. Der Bundestag hat daher in Art. 240 § 3 EGBGB Regelungen eingeführt, um Darlehensnehmer vor den wirtschaftlichen Auswirkungen der COVID-19-Pandemie zu schützen. Die Regelung gilt zunächst für Verbraucherdarlehensverträge, kann aber durch Rechtsverordnung der Bundesregierung auch auf Kleinstunternehmer ausgeweitet werden. Sie gilt für Darlehensverträge, die vor dem 15. März 2020 abgeschlossen wurden.
Nach der neuen gesetzlichen Regelung sind sämtliche Ansprüche des Darlehensnehmers, also Zins-, Tilgungs- und Rückzahlungsansprüche, die zwischen dem 01. April 2020 und dem 30. Juni 2020 fällig werden, mit Eintritt der Fälligkeit für die Dauer von drei Monaten gestundet. Die Stundung tritt von Gesetzes wegen ein. Die Vertragsparteien werden ermutigt, eine einverständliche Regelung zu treffen darüber, zu welchen Bedingungen der Darlehensvertrag fortgesetzt wird. Während dieser Stundungsfrist ist auch die Kündigung des Darlehensvertrages durch den Darlehensgeber wegen Zahlungsverzuges ausgeschlossen.
Problematisch an der gesetzlichen Regelung ist, dass die Stundung automatisch eingreift, also nicht vom Darlehensnehmer geltend gemacht werden muss. Sie greift aber nur ein, wenn der Verbraucher „aufgrund der durch Ausbreitung der COVID-19-Pandemie hervorgerufenen außergewöhnlichen Verhältnisse Einnahmeausfälle hat, die dazu führen, dass ihm die Erbringung der geschuldeten Leistung nicht zumutbar ist“.
Diese gesetzliche Regelung ist leider gründlich misslungen.
So tritt die Stundung von Gesetzes wegen, also automatisch ein, wenn die Voraussetzungen vorliegen. Ob die Voraussetzungen vorliegen kann der Darlehensgeber aber ohne Mitteilung des Darlehensnehmers überhaupt nicht beurteilen. Besteht also kein ständiger Kontakt zwischen Darlehensgeber und Darlehensnehmer, so bleibt die Bank zunächst völlig im Unklaren darüber, ob sie weiter Darlehensraten verlangen kann. Wird die Darlehensrate im SEPA-Lastschriftverfahren eingezogen, so droht eine Flut von Rückbuchungen. Und diese Rückforderung kann wohl auch noch deutlich später geltend gemacht werden. Kündigt die Bank nach Ende der Corona-Krise wegen Zahlungsverzug, so könnte der Darlehensnehmer einwenden, im Zeittraum April bis Juni 2020 seien die eingezogenen Darlehensraten nicht fällig gewesen, damit habe in dieser Zeit eine Überzahlung vorgelegen, mit der jetzt erst aufgerechnet werde. Einzig bei Ratenzahlung durch Daueraufträge oder Einzelüberweisungen muss der Darlehensnehmer selbst tätig werden, eine solche Zahlung bleibt trotz Stundung wirksam.
Aber auch für Darlehensnehmer ergeben sich erhebliche Unsicherheiten. So ist Voraussetzung der Stundung zunächst, dass der Darlehensnehmer Einnahmeausfälle hat. Dies lässt sich relativ leicht nachweisen. Diese Einnahmeausfälle müssen aber ihre Ursache im Auftreten des Corona-Virus haben. Für Betriebe, die aufgrund behördlicher Anordnung geschlossen wurden, dürfte dies wenig problematisch sein, in anderen Branchen wird sich zeigen müssen, welche Anforderungen an die Begründung gestellt werden.
Diese durch COVID-19 verursachten Einnahmeausfälle müssen dann aber noch dazu führen, dass der Darlehensnehmer die geschuldete Leistung ohne Gefährdung seines Lebensunterhaltes oder des angemessenen Lebensunterhaltes seiner Unterhaltsberechtigten nicht zumutbar erbringen kann. Hier bleibt völlig offen, welche Anforderungen an die Zumutbarkeit der Leistung gestellt werden sollen und wie der Darlehensnehmer dies beweisen soll. Kann der Darlehensnehmer diese Zumutbarkeit nicht beweisen, so sind die Raten fällig und es droht schlimmstenfalls die Kündigung des Darlehensvertrages.
Eine weitere Steigerung der Unsicherheit findet sich allerdings in Art. 240 § 3 Abs. 6 EGBGB. Danach tritt die Stundung nicht ein, wenn dem Darlehensgeber die Stundung oder der Ausschluss der Kündigung unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls unzumutbar ist. Wie dies der Darlehensnehmer vorhersehen soll, der auf den Eintritt der Stundung vertraut, bleibt völlig offen.
Im Ergebnis ist Voraussetzung für die Stundung eine Gesamtabwägung der gegenseitigen Interessen von Darlehensgeber und Darlehensnehmer, die dem jeweiligen Vertragspartner nicht bekannt sind und die aber automatisch zu einer Stundung und einem Kündigungsausschluss führen können, ohne dass für die Parteien vorhersehbar ist, ob die Voraussetzungen jeweils vorliegen. Nach Ende der Stundung verlängert sich die Vertragslaufzeit um drei Monate, die Fälligkeit wird jeweils um diese Frist hinausgeschoben, es sei denn, die Parteien einigen sich auf eine abweichende Regelung. Diese Regelung erscheint durchaus interessengerecht.
Problematisch ist, dass der Darlehensgeber dem Verbraucher eine Abschrift des Vertrages zur Verfügung stellen muss, in der die Vertragsänderungen berücksichtigt sind. Ob diese Vertragsurkunde die Voraussetzungen des § 492 BGB erfüllen müssen und welche Rechtsfolgen etwaige Fehler in diesen Vertragsurkunden nach sich ziehen, kann aktuell nicht beurteilt werden. Hier wäre der Gesetzgeber gehalten, umgehend Klarheit zu schaffen.
Das COVID-19-Gesetz – Auswirkungen auf Mietverhältnisse
Im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie hat der Bundestag zur Abmilderung der Folgen weitreichende Regelungen im Zivilrecht beschlossen. Eine spezielle Regelung, der neue Art. 240 § 2 EGBGB befasst sich mit dem Mietrecht. Ziel ist es, Mieter, die durch die COVID-19-Pandemie wirtschaftliche Schwierigkeiten erleiden, vor Kündigungen geschützt werden sollen.
Nach dem Gesetzeswortlaut kann ein Mietverhältnis nicht allein aus dem Grund gekündigt werden, dass der Mieter im Zeitraum vom 01. April 2020 bis 30. Juni 2020 trotz Fälligkeit die Miete nicht leistet, sofern die Nichtleistung auf den Auswirkungen der COVID-19-Pandemie beruht. Sonstige Kündigungsrechte sollen ausdrücklich unberührt bleiben.
Bei genauerem Hinsehen bietet die leider recht ungenaue Formulierung des Gesetzestextes erhebliche Unsicherheiten für Mieter und Vermieter.
Üblicherweise kann ein Vermieter kündigen, wenn der Mieter sich mit zwei Monatsmieten in Verzug befindet. Liegen sämtliche Zahlungsrückstände im Zeitfenster vom 01. April 2020 bis 30. Juni 2020, so ist die neue Regelung eindeutig: Die Kündigung ist unzulässig. Liegen sämtliche Mietrückstände außerhalb dieses Zeitraums, so bleibt die Kündigung ausdrücklich zulässig.
Unklar ist, welche Rechtsfolge eintritt, wenn der Mieter mit den Mieten für die Monate März und April 2020 in Verzug ist. In diesem Fall beruht die Kündigung nicht „allein“ darauf, dass der Mieter im genannten Zeitraum keine Miete bezahlt hat. Auch die Gesetzesbegründung hilft nicht weiter. Hier heißt es zu Art. 240 § 2 Abs. 1 EGBGB ausdrücklich: „Die Vorschrift erfasst nur Zahlungsrückstände, die vom 01. April 2020 bis 30. Juni 2020 entstehen“ und „Die Kündigung eines Wohnraummietverhältnisses allein aufgrund solcher Mietrückstände wird dadurch ausgeschlossen“. Damit bleibt aber offen, ob im genannten Fall die Kündigung weiter zulässig wäre, da der Zahlungsrückstand nicht „nur“ in dem genannten Zeitraum entstanden ist oder ob Zahlungsrückstände aus diesem Zeitraum insgesamt unbeachtlich sind der Vermieter erst kündigen kann, wenn die Miete für den Monat Juli 2020 nicht gezahlt wird.
Aber auch, wenn die Mieten im genannten Zeitraum nicht gezahlt werden, so verhindert dies eine Kündigung nur dann, wenn die Zahlungsunfähigkeit auf den Auswirkungen der COVID-19-Pandemie beruht. Dies muss der Mieter beweisen, welche Anforderungen an diesen Nachweis gestellt werden, ist leider unklar. Die Gesetzesbegründung nennt Bescheinigungen über die Gewährung staatlicher Leistungen, Bescheinigungen des Arbeitgebers oder andere Nachweise über das Einkommen bzw. über den Verdienstausfall. Auch hier bleibt aber offen, ob es ausreicht, dass die COVID-19-Pandemie einer von mehreren Gründen für die Zahlungsunfähigkeit war oder ob sie der einzige Grund gewesen sein muss. Sofern andere Gründe vorliegen, bleibt die Kündigung zulässig.
Der Kündigungsausschluss gilt nur bis 30. Juni 2022. Bestehen die Mietrückstände aus dem Zeitraum April bis Juni 2020 über diesen Zeitraum hinaus fort, so kann im Nachgang doch gekündigt werden.
Ganz entscheidend für Mieter und bislang zu wenig beachtet ist, dass durch die genannte Regelung nur die Kündigung ausgeschlossen wird. Auch nach der Gesetzesbegründung ändert sich nichts daran, dass die Miete fällig ist und der Mieter in Verzug gerät. Der Vermieter kann also Verzugszinsen berechnen, sonstige Schadensersatzansprüche aus Verzug, wie beispielsweise Rechtsanwaltskosten, geltend machen und die Mieten in diesem Zeitraum einklagen. Damit wird auch klar, dass die Mieten nicht entfallen, sondern spätestens im Nachgang bezahlt werden müssen, andernfalls kann der Vermieter auf Zahlung klagen, was zu Folgekosten für den Mieter führen kann.
Die Rechtslage für Mieter und Vermieter wurde durch die Regelung nicht einfacher. Als Mieter ist man gut beraten, Nachweise für den Verdienstausfall durch COVID-19 zu sammeln, gerät der Vermieter aufgrund dieser Regelung in wirtschaftliche Schwierigkeiten, so wird ihm anzuraten sein, die Mietzahlungen zeitnah gerichtlich geltend zu machen.
Stornierung wegen Corona – Wer muss was bezahlen?
Die Corona-Pandemie und die zu deren Bekämpfung eingeleiteten Maßnahmen führen zu massiven Einschnitten für Unternehmen. Veranstaltungen müssen abgesagt werden, Lieferungen aus dem Ausland kommen nicht oder nicht rechtzeitig, Verkaufsstellen müssen geschlossen werden. In all diesen Fällen stellt sich die Frage: Können bestehende Verträge gekündigt werden? Muss trotz Nichtleistung gezahlt werden? Was ist mit Schadensersatz? Wer trägt das Risiko?
Zunächst stellt sich in all diesen Fällen die Frage, wer das Risiko für die höhere Gewalt trägt. Hierzu kann es Regelungen in AGB oder Verträgen geben. Fehlt es an einer wirksamen vertraglichen Regelung, so ist zu überprüfen, ob ein Fall der Unmöglichkeit nach § 275 Abs. 1 BGB vorliegt oder es die Möglichkeit für eine außerordentliche Kündigung oder den Rücktritt vom Vertrag gibt. Häufig führt dies dazu, dass die beiderseitigen vertraglichen Verpflichtungen aufgehoben werden können, in diesem Fall sind Vorauszahlungen zurück zu gewähren. Dies ist allerdings stets vom Einzelfall abhängig, beispielsweise davon, ob ein behördliches Verbot vorlag oder die Stornierung lediglich vorsichtshalber erfolgte. Gerade für Zwischenhändler kann ein Deckungskauf von einem anderen Lieferanten angezeigt sein, auch, wenn dies mit höheren Kosten verbunden ist. In jedem Fall sollten die vertraglichen und gesetzlichen Folgen rechtzeitig überprüft werden.
Existenzgründerberatung am 11.03.2020 im Gründerzentrum Rastatt
Wer den Schritt in die Selbstständigkeit wagt, muss gerade in der Startphase einiges beachten. Für Existenzgründer und Jungunternehmen aus allen Branchen bieten wir in Kooperation mit dem Gründerzentrum der Stadt Rastatt am Mittwoch, 11. März, von 16:00 bis 18:00 Uhr eine kostenlose Existenzgründerberatung an.
Rechtsanwalt Michael Weber berät zu rechtlichen Fragen und zeigt auf, wie man Fallstricken entgehen kann. Die Beratung findet im Gründerzentrum in der Rauentalerstraße 22/1 statt. Termine für die Sprechstunde können bei der städtischen Wirtschaftsförderung der Stadt Rastatt unter Telefon 07222 9721210 oder per E-Mail an wirtschaftsfoerderung@rastatt.de vereinbart werden.
Landgericht Baden-Baden verurteilt Volkswagen
Das Landgericht Baden-Baden hat in einem Urteil (Az.: 2 O 140/18) vom 30.10.2018 die Volkswagen AG verurteilt, den PKW eines vom Diesel-Skandal betroffenen Käufers zurückzunehmen und ihm den vollen Kaufpreis zu erstatten. Der Käufer müsse sich auf den Kaufpreis lediglich eine Nutzungsentschädigung für die gefahrenen Kilometer anrechnen lassen. Nach dem Urteil des Landgerichts wird VW eine sittenwidrige Schädigung vorgeworfen, da die Beklagte wissentlich die rechtmäßige Typengenehmigung und die bestehende Zulassungsfähigkeit nur vorgespiegelt habe, um ihre Kunden zu täuschen und sich hierdurch einen Wettbewerbsvorteil zu verschaffen. Dieses Gewinnstreben um den Preis der bewussten Täuschung und Benachteiligung ihrer Kunden gibt dem Handeln der Beklagten das Gepräge der Sittenwidrigkeit, welches zum Schadenersatz verpflichte. Da der klägerische Anspruch gegen die Beklagte auf einer unerlaubten Handlung fußt, bleibt es der Beklagten nach dem Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) auch verwehrt, sich auf die zwischenzeitlich erfolgte Nachbesserung in Form eines am Auto durchgeführten Software-Updates zu berufen.
Erste DSGVO-Abmahnungen im Umlauf
Kaum ist die DSGVO in Kraft getreten, schon sind die ersten Abmahnungen wegen angeblicher Datenschutzverstöße ausgesprochen. Uns liegt eine Abmahnung der A • Anwaltskanzlei, Augsburg, für „Herrn Erich Andreas Speck Dienstleistungen“ aus Linkenheim-Hochstetten vor. Die Abmahnung datiert vom 25.05.2018, also dem Tag des Inkrafttretens der DSGVO.
Abgemahnt wird, dass unser Mandant eine Internetseite ohne Datenschutzhinweise betreibe. Konkreter wird die Abmahnung nicht, weder hinsichtlich des angeblichen Verstoßes, noch des Wettbewerbsverhältnisses. Neben der Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung wird die Übernahme der Anwaltskosten verlangt. Diese beziffert der Kollege mit € 729,23 aus einem Gegenstandswert von € 7.500,00. Dies sei der Jahreswert der Kosten für eine „vollständige und ordnungsgemäße Umsetzung der DSGVO“.
Wie man am besten als Empfänger mit einem solchen Abmahnschreiben umgeht, lässt sich nicht pauschal beantworten. Die Reaktion hängt stets von den Umständen des Einzelfalls ab. In keinem Fall sollte aber die strafbewehrte Unterlassungserklärung ungeprüft unterschrieben werden. Denn aufgrund dieser Unterlassungserklärung haften Sie zukünftig unabhängig davon, ob die Abmahnung überhaupt berechtigt war.
In jedem Fall raten wir dringend dazu, sowohl auf Internetseiten, als auch auf Facebook-Fanpages Datenschutzerklärungen in dem von Art. 13 DSGVO geforderten Umfang vorzuhalten.
EuGH zu Unternehmensseiten auf Facebook
Der EuGH hat mit Urteil vom 05.06.2018, Az.: C-210/16 entschieden, dass Unternehmen, die eine Facebookseite betreiben, im datenschutzrechtlichen Sinne als “Verantwortlicher” gelten. Facebook installiert nämlich auf dem Rechner jedes Nutzers ein Cookie, das Daten über das Nutzungsverhalten an Facebook sendet. Der Betreiber einer Fanpage, also einer Unternehmensseite, erhält hiervon eine anonymisierte Auswertung. Diese Option kann auch nicht ausgeschaltet werden, das Unternehmen erhält die Auswertung zwingend. Auch, wenn diese Auswertung anonymisiert übermittelt wird, hat das Unternehmen einen Vorteil aus der Datenerhebung. Dies ist der Grund, weshalb der EuGH die Unternehmen mit in der Verantwortung sieht.
Das Urteil ist zwar zum alten Datenschutzrecht ergangen, der Begriff des Verantwortlichen hat sich jedoch nicht geändert. Daher findet das Urteil auch nach Inkrafttreten der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) weiter Anwendung. Auch nach neuem Recht ist daher der Betreiber einer Fanpage Verantwortlicher i.S.v. Art. 4 Ziff. 7 DSGVO.
Welche Folgen dieses Urteil nach sich zieht, ist völlig offen. Erste Stimmen meinen, Unternehmen müssten Ihre Facebookseite nun abschalten. Zumindest sind Unternehmen gut beraten, auf Ihrer Facebookseite eine Datenschutzerklärung nach Art. 13 DSGVO vorzuhalten. Häufig wird auch auf das Auskunftsrecht nach Art. 15 DSGVO hingewiesen. Dem dürfte allerdings Art. 11 Abs. 2 DSGVO entgegenstehen. Danach muss das Unternehmen Nutzer nicht identifizieren, nur, um die Informationspflichten nach der DSGVO zu erfüllen. Selbst, wenn der Auskunftsanspruch bestünde, so müssen die erhobenen Daten selbst jedenfalls nicht übermittelt werden, denn dies liefe dem Interesse des Nutzers auf die Anonymisierung entgegen.
Handlungsbedarf besteht aber allemal. Die DSGVO droht zum einen mit drastischen Bußgeldern. Zum Anderen sind bereits die ersten Abmahnungen wegen Datenschutzverstößen im Umlauf. Und eine fehlende Datenschutzerklärung auch auf der Facebookseite lädt Abmahner geradezu ein.
Inanspruchnahme von Promotionsvermittlern kein Verweigerungsgrund für Zulassung zu Promotion
Der Kläger wehrte sich vor dem Verwaltungsgericht Hamburg erfolgreich gegen einen Bescheid einer deutschen Universität, mit dem ihm die Zulassung zur Promotion versagt worden war. Hintergrund war, dass der Kläger im Jahr 2006 die Dienste einer – später in das Visier der Staatsanwaltschaft geratenen – Promotionsvermittlungsgesellschaft in Anspruch genommen und hierfür einen fünfstelligen Euro-Betrag bezahlt hatte. Die Universität sah darin unerlaubte Hilfestellung bei der Anfertigung der vom Kläger gefertigten Dissertation. Der Kläger konnte allerdings darlegen, dass die Promotionsvermittlungsgesellschaft lediglich bei der Suche nach einem Doktorvater behilflich war und schon vom zeitlichen Ablauf her eine Hilfestellung der Promotionsvermittler ausschied. Die Universität hob daraufhin ihren Ursprungsbescheid auf und ließ den Kläger zur Promotion zu. (VG Hamburg, Az.: 2 K 3185/16)
Sekundäre Beweislast in Filesharing-Fällen
In Filesharing-Fällen gilt der Anschlussinhaber zunächst als Täter einer Urheberrechtsverletzung. Es handelt sich um eine gesetzliche Vermutung, d.h. der Anschlussinhaber muss darlegen, dass ein anderer Täter ernsthaft in Betracht kommt (BGH Urteil vom 12.05.2016 – I ZR 48/15). Dies gestaltet sich immer dann schwierig, wenn der Täter unbekannt ist und niemand außer dem Täter Zugriff auf den Anschluss hatte. Unter welchen Voraussetzungen der Anschlussinhaber in solchen Fällen seiner sekundären Darlegungslast nachkommen kann, ist in der Rechtsprechung umstritten.
Zu dieser Frage hat nun das Amtsgericht Stuttgart (Az.: 50 C 3901/16) wie folgt Stellung bezogen:
Ein Anschlussinhaber, der zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung ortsabwesend war, keine elektronischen Endgeräte mit seinem Internetanschluss verbunden hatte, keinem Dritten Zugang zu seinem Anschluss gewährte und seinen Anschluss ausreichend gesichert hatte, kann die Vermutung für die Täterschaft entkräften, wenn er darlegt, dass zum streitgegenständlichen Zeitraum eine damals unbekannte kritische Sicherheitslücke seines Routers bestand. Hierdurch könnten sich Fremde rechtswidrig Zugriff auf den Internetanschluss des Inhabers verschaffen und die ihm vorgeworfene Rechtsverletzung begehen. Durch diesen Vortrag kann der sekundären Beweislast genüge getan werden.
In dem hier entschiedenen Fall wurde zugunsten des Anschlussinhabers entschieden und die Klage des Filmstudios abgewiesen.
Entscheidung des Landgerichts Karlsruhe und des Oberlandesgerichts Karlsruhe zur Bestimmtheit des Schuldners bei Pfändungs- und Überweisungsbeschlüssen (Az.: 4 O 92/13; 17 U 225/13)
Die Beklagte war Drittschuldnerin eines von der Klägerin beantragten Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses (PfÜB).
Der von der Klägerin beantragte PfÜB enthielt neben dem Nachnamen des Weiteren den Wohnort, das Geburtsdatum und die Kontonummer des zu pfändenden Kontos, jedoch lediglich den zweiten Vornamen des Schuldners. Deshalb konnte die Beklagte nach eigener Aussage den PfÜB keinem der bei ihr unterhaltenen Konten zuordnen. Erst als später ein zweiter PfÜB gegen den Schuldner auf Herausgabe sämtlicher Gutschriften und Belastungen erlassen wurde, fand seitens der Beklagten eine Zuordnung statt. Da in der Zwischenzeit 50.000 € von der Beklagten an den Schuldner ausgezahlt wurden, verlangte die Klägerin eben jenen Betrag von der Beklagten.
Die Beklagte vertrat die Ansicht, dass auf Grund des unvollständigen Namens des Schuldners der PfÜB zu unbestimmt war. Dadurch hätte sie nicht gewusst, um welches Konto es sich handele. Ihr wäre allemal nur Fahrlässigkeit vorzuwerfen. Es käme allerdings auf die Kenntnis zum Zeitpunkt der Leistungshandlung, nicht auf das Kennenmüssen an, weshalb sie Gutglaubensschutz genieße.
Nachdem das LG Karlsruhe in einem Teilbeschluss die Bestimmtheit des PfÜBs für ausreichend erklärte, legte die Beklagte Berufung gegen jenen Teilbeschluss vor dem OLG Karlsruhe ein.
Das OLG Karlsruhe bejahte in einem Beschluss die Ansicht des LGs Karlsruhe, dass der PfÜB ausreichend bestimmt sei (17 U 225/13).
Zwar habe die Klägerin lediglich den zweiten Vornamen im PfÜB angegeben. Jedoch wurden von der Klägerin weiterhin Nachname, Geburtsdatum, Wohnort und sogar die Kontonummer des Schuldners angegeben, welche die Person des Schuldners eindeutig bestimme. Auch sei hierbei kein unnötig hoher zusätzlicher Arbeitsaufwand von Nöten gewesen, da der Beklagten eine Fotokopie des Personalausweises des Schuldners vorlag.
Das LG Karlsruhe urteilte daraufhin zu Gunsten der Klägerin (4 O 92/13).
Durch die von der Beklagten zugunsten des Hauptschuldners vorgenommenen Auszahlungen und Belastungen sei die Beklagte nicht von ihrer Zahlungspflicht gegenüber der Klägerin frei geworden. Zwar sei ein Drittschuldner, der wie hier allein an den Schuldner zahlt, in Analogie zu §§ 1275, 407 BGB im Fall nachweislicher Unkenntnis von der Pfändung geschützt, jedoch liege ein solcher Fall hier nicht vor. Man könnte zunächst annehmen, dass keine positive Kenntnis sondern nur ein Kennenmüssen der Beklagten gegeben sei, da sie den PfÜB tatsächlich nicht dem Schuldner zugeordnet hatte. Allerdings sei, wie der Beschluss des OLGs feststellte, der PfÜB hinreichend bestimmt, sodass die Beklagte den PfÜB dem Schuldner hätte zuordnen müssen. Ihr wären sämtliche Tatsachen bekannt gewesen, die zur Pfändung und damit zu dem Verbot nach § 829 Abs. 1 S. 1 ZPO führten. Dass die Beklagte hieraus die falschen Schlüsse zog, falle in ihren Verantwortungsbereich. Auch wenn man eine positive Kenntnis verneinen würde, so verstieße die Beklagte trotzdem gegen Treu und Glauben, da sie bei gehöriger Nachforschung in der Lage gewesen wäre den PfÜB dem Schuldner zuzuordnen. Der Klägerin sei lediglich vorzuwerfen, dass sie nicht sämtliche Vornamen des Schuldners erfasste. Die Beklagte müsse sich vorwerfen lassen, relevante Merkmale wie das Geburtsdatum nicht beachtet zu haben.
Weitere Einwendungen der Beklagten, eine Zahlungsverpflichtung sei ausgeschlossen, da der Schuldner bei Kenntnis der Pfändung seinen Zahlungsverkehr nicht mehr über das streitgegenständliche Konto abgewickelt hätte, könne als hypothetischer Kausalverlauf nicht berücksichtigt werden.
Zuletzt vertrat das LG Karlsruhe die Auffassung, dass ein Mitverschulden der Klägerin bezüglich des Fehlens der Angabe des Vornamens des Schuldners nicht vorläge, da die Klägerin einen Erfüllungsanspruch geltend mache und keinen verschuldungsabhängigen Schadensersatzanspruch gemäß § 840 Abs. 2 ZPO.
Sperre des Internet- und Festnetzzugangs als „vereinfachtes Inkasso“ unzulässig (Beschluss des Amtsgerichts Bonn, Az.: 114 C 232/16)
Die Beklagte stellte dem Kläger Gebühren für die „HotSpot“ Nutzung im Ausland in Rechnung. Gegen diese Gebühr wurden schlüssig begründete und nicht nur vorgeschobene Einwendungen erhoben. Dennoch verbuchte die Beklagte die Forderung als rückständig. Der Kläger erbrachte eine Teilzahlung, weshalb die Beklagte die Forderung als begründet erachtete. Daraufhin wurde der Internet- und Festnetzzugang des Klägers bis zur Zahlung der ausstehenden Forderung gesperrt.
Das Gericht entschied (Az.: 114 C 232/16), dass auf Grund der Einwendungen der Klägerseite, die Forderung nicht bei der Berechnung des Rückstands berücksichtigt werden durfte (§ 45k Abs. 2 S. 2 TKG). Auch erreichte der verbleibende Rückstand nicht die Summe des § 45k Abs. 2 S. 1 TKG. Inwiefern weiterer Zahlungsrückstand mit weiterer Rechnung eintrat, blieb unklar und von der Beklagten lediglich vage behauptet.
Die Sperre des Internet- und Festnetzanschlusses des Klägers war somit unberechtigt. Das Gericht äußerte zudem Unverständnis über die Sperre durch die Beklagte, da die Gesetzeslage eindeutig sei. Die Möglichkeit einer Sperre diene nicht zur Durchsetzung bestrittener Forderungen als „vereinfachtes Inkasso“.
Internationale Zuständigkeit im Handelsvertreterrecht
Der in Baden-Baden wohnhafte Kläger und das in Frankreich ansässige beklagte Unternehmen stritten über Ansprüche aus einem Handelsvertretervertrag.
Sowohl das LG Baden-Baden in seiner Entscheidung vom 30.11.2015 (AZ 5 O 48/15 KfH) als auch das AG Baden-Baden in seinem Zwischenurteil vom 15.01.2016 (AZ 7 C 235/15) bejahten ihre internationale und örtliche Zuständigkeit gem. Art. 7 Nr. 1 b) EuGVVO.
Dies wurde damit begründet, dass Baden-Baden der Erfüllungsort ist. Dabei bezog sich das AG Baden-Baden auf ein Urteil des EuGH vom 11.03.2010 (AZ D-19/09). Hierin ist bei einem Handelsvertretervertrag der Erfüllungsort der Ort der hauptsächlichen Leistungserbringung durch den Handelsvertreter, wie es sich aus den Bestimmungen des Vertrags ergibt. Der Erfüllungsort Baden-Baden ergibt sich des Weiteren materiell-rechtlich aus der Anwendung deutschen Rechts, welches gem. Art. 4 I b) ROM 1 maßgebend ist. Sollte sich der fragliche Ort hieraus nicht ergeben, so ist auf den Wohnsitz es Handelsvertreters abzustellen.
Defekter Wasserkühler als Serienmangel
Am 29.03.2016 entschied das AG Rastatt (Az.: 3 C 322/14) über die Voraussetzungen der Haftung für einen Serien- oder Konstruktionsmangel an Gebrauchtfahrzeugen.
Im vorliegenden Fall hatte der Kläger einen Gebrauchtwagen gekauft, dessen Wasserkühler nach weniger als 6 Monaten und 11.000 Km Laufleistung aufgrund Undichtigkeit ausgetauscht werden musste.
Die Beklagtenseite vertrat die Meinung, dass kein Sachmangel vorliege, da undichte Wasserkühler bei diesem Modell nach diesem Alter und dieser Laufzeit ein bekanntes Problem darstellen. Die Beschaffenheit sei bei Sachen der gleichen Art üblich und der Kläger hätte sie deshalb erwarten müssen.
Ein durch das Gericht eingeholtes Sachverständigengutachten ergab, dass die Undichtigkeit des Wasserkühlers bei diesem Modell durchaus ein bekanntes Problem darstellt, was an den hierbei verwendeten Materialien liegt. Dennoch hat das Gericht richtigerweise entschieden, dass im vorliegenden Fall ein Sachmangel gegeben ist. Bei sog. Serienfehlern oder Konstruktionsfehlern könne nicht allein auf Fahrzeuge des gleichen Typs als Vergleichsmaßstab abgestellt werden. Vielmehr müsse der Maßstab das Niveau sein, das nach Typ, Alter und Laufleistung vergleichbarer Fahrzeuge der gleichen Preisklasse anderer Hersteller erreichen und das der Markterwartung entspricht. Bei besagten vergleichbaren Fahrzeugen ist eine undichte Wasserkühlung bei dieser Laufleistung eher ungewöhnlich.
Bei Konstruktionsmängeln scheidet die Annahme eines Mangels nur dann aus, wenn dem Käufer das Problem vernünftigerweise bekannt sein muss, was im vorliegenden Fall nicht anzunehmen ist.
Ein Sachmangel i.S.d. § 434 I 2 Nr. 2 BGB liegt deshalb vor, weshalb das Gericht zu Gunsten des Klägers entschied.
Der Ehrliche ist der Dumme
So titelte Ulrich Wickert eines seiner Bücher. Dass er damit nicht nur Recht hat, sondern dies sogar gesetzgeberisch gewollt sei, bescheinigt ihm nun der BGH in einem Urteil vom 19.01.2016, Az. XI ZR 103/15.
Der Sachverhalt ist denkbar einfach: ein Bankkunde bedient seinen Immobilienkredit nicht mehr, die Bank kündigt und will als Schadensersatz nicht nur Verzugszinsen, sondern auch Vorfälligkeitsentschädigung, also den Nichterfüllungsschaden. Den gibt’s aber nicht, sagt der BGH. Der Kunde sei schließlich Verbraucher und bei diesen habe der Gesetzgeber den Schadensersatz von vornherein auf den Verzugsschaden gedeckelt. Der verklagte Kunde müsse daher nur 2,5 % über Basiszins aus der Restvaluta zahlen. Das Argument, dass der vertragsbrüchige Beklagte damit besser stehe als derjenige, der seinen Vertragspflichten nachkommt, ließ der BGH nicht gelten: dies habe der Gesetzgeber (des Verbraucherkreditgesetzes!) so gewollt.
Der BGH schafft damit einen neuen Zweig des Zivilrechts: das Verbraucherzivilrecht, bei dem althergebrachte und bislang unbestrittene Rechtsgrundsätze nicht mehr gelten. Pacta sunt servanda war gestern, wer heute noch trotz langfristiger Bindung mit einem Festzins von mehr als 2,5% über Basiszins als Verbraucher seinen Vertrag erfüllt, ist selbst schuld, lautet die Botschaft. Fragt sich nur, was der BGH macht, wenn die Banken künftig die Kredite nicht mehr kündigen, sondern Vertragserfüllung verlangen und die jeweiligen Zins- und Tilgungsrückstände einklagen. Da dies für den Verbraucher wegen der Kosten aus der Vielzahl der Verfahren noch teurer wird, bleibt abzuwarten, ob der BGH dann vielleicht auf die Idee kommt, das Unterlassen der Kündigung sei treuwidrig und die Bank müsse sich so behandeln lassen, als habe sie gekündigt. Wenn schließlich im Wege richterlicher Rechtsfortbildung auch für die verbliebenen vertragstreuen Verbraucher der Zinssatz generell auf den gesetzlichen Verzugszins ermäßigt wird, ist ein neues Rechtsgebilde entstanden: der Verbrauchervertrag als für den Verbraucher unvollkommene Verbindlichkeit analog § 762 BGB …….
Grundschuldzweckerklärung – Versehentliche Falschbezeichnung des besicherten Kredits unschädlich
Das Landgericht Karlsruhe hat in einem Zwischenzeitlich rechtskräftigen Urteil vom 14.11.2014 (Az.: 10 O 119/14) entschieden, dass die versehentlich falsche Angabe einer Darlehensnummer in einer Grundschuldzweckerklärung unschädlich ist. Der Entscheidung lag zugrunde, dass die klagende Bank Duldung der Zwangsvollstreckung vom Schuldner/Eigentümer aus einer Grundschuld verlangt hatte. Der Schuldner hatte eingewandt, die in der Zweckerklärung eingetragene Kontonummer hinsichtlich des besicherten Darlehens sei unzutreffend. Die Bank konnte allerdings darlegen, dass der Schuldner nur zwei Darlehen unterhielt, beide nicht die in der Zweckerklärung aufgeführte Kontonummer aufweisen und es sich bei der Eintragung der Darlehenskontonummer um ein Versehen gehandelt habe. Das LG Karlsruhe gab der klagenden Bank Recht. Willenserklärungen und Verträge müssen nach den §§ 133, 157 BGB ausgelegt werden, eine versehentliche Falschbezeichnung sei dabei rechtlich unschädlich.
Berechnung einer Vorfälligkeitsentschädigung – Wahlrecht der Bank
Das Amtsgericht Karlsruhe hat in einem Urteil vom 17.04.2014 (Az.: 2 C 463/13) ausgesprochen, dass eine Bank die Methode zur Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung frei wählen kann. Sie ist nicht verpflichtet, sich an einer Aktiv-Aktiv-Methode festhalten zu lassen, wenn der Kunde mit der Berechnung nicht einverstanden ist und die Bank dann auf den für den Kunden ungünstigere Aktiv-Passiv-Methode umschwenkt.
Vorfälligkeitsentschädigung sei ein durch vorzeitige Vertragskündigung ausgelöster Schaden. Dieser sei nach § 251 BGB zu berechnen. Die Wahl der Berechnungsweise stelle weder eine Ausübung eines Wahlrechts nach § 315 BGB dar, noch führe ein Wechsel der Berechnungsmethode zum Austausch des Anspruchs. Es bestehe auch kein Anspruch eines Kunden auf Beibehaltung der gewählten Berechnungsmethode nach Treu und Glauben, solange der Kunde auf die zuerst von der Bank angewandte Berechnungsmethode nicht eingegangen ist. Das LG Karlsruhe hat die Rechtsansicht des Amtsgerichts in der Berufungsinstanz bestätigt.
Ausschlussfristen im Arbeitsvertrag können wegen Mindestlohn unwirksam sein
Viele Arbeitsverträge enthalten vertragliche Ausschlussfristen, nach deren Ablauf finanzielle Ansprüche des Arbeitnehmers nicht mehr geltend gemacht werden können. Seit Januar 2015 gilt das Mindestlohngesetz, wonach jede Arbeitnehmerin und jeder Arbeitnehmer Anspruch auf Zahlung des Mindestlohns in Höhe von € 8,50 brutto je Zeitstunde besitzt. In § 3 dieses Gesetzes ist geregelt, dass Vereinbarungen, die den Anspruch auf den Mindestlohn unterschreiten oder seine Geltendmachung beschränken oder ausschließen, unwirksam sind.
Im Hinblick auf diese Regelung wird empfohlen, vertragliche Ausschlussfristen in Arbeitsverträgen entsprechend anzupassen und ausdrücklich zu regeln, dass Ansprüche auf den Mindestlohn von solchen Klauseln nicht erfasst werden. Andernfalls droht, dass die gesamte Klausel wegen Intransparenz für unwirksam gehalten wird. Es ist davon auszugehen, dass sich die Rechtsprechung in nächster Zeit mit derartigen Fragen auseinander zu setzen hat.
Um das Risiko auszuschließen, könnte etwa eine neue Ausschlussklausel wie folgt formuliert werden:
„Sämtliche finanziellen Ansprüche aus und in Verbindung mit diesem Vertragsverhältnis verfallen, wenn sie nicht binnen drei Monaten nach Fälligkeit gegenüber dem Vertragspartner schriftlich geltend gemacht werden. Diese Ausschlussklausel gilt nicht für Ansprüche, die auf einer Haftung wegen vorsätzlichen oder grob fahrlässigen Handels beruhen. Diese Ausschlussklausel gilt ebenfalls nicht für den Anspruch eines Arbeitnehmers auf den gesetzlichen Mindestlohn.“
BVerfG: Privilegierung von Betriebsvermögen in der Erbschaftssteuer verfassungswidrig
Mit Urteil vom 17.12.2014 hat das Bundesverfassungsgericht (Az. 1 BvL 21/12) die Steuerprivilegierungen für Betriebsvermögen in der Erbschaftssteuer für verfassungswidrig erklärt. Familienunternehmen droht daher im Erbfall zukünftig eine erheblich höhere Steuerlast. Dies kann im Einzelfall dazu führen, dass ein Unternehmen veräußert werden muss, um die Erbschaftssteuer zahlen zu können. Zwar hat das BVerfG dem Gesetzgeber Gelegenheit gegeben, bis Juni 2016 nachzubessern, wie die entsprechende Regelung dann aussehen wird, lässt sich allerdings nicht vorhersagen.
Für Unternehmer ist es nun dringend notwendig, den Übergang des Unternehmens bereits frühzeitig zu planen. Mit den richtigen Maßnahmen kann rechtzeitig ein Weg gefunden werden, die Steuerlast zu minimieren und so eine Zerschlagung des Unternehmens zu verhindern. Die Maßnahmen müssen auf das Unternehmen abgestimmt sein. Zu denken ist unter anderem an eine (ggfs. teilweise) Übertragung zu Lebzeiten im Wege der vorweggenommenen Erbfolge, aber auch insbesondere an gesellschaftsrechtliche Gestaltungen zu Sicherung der Liquidität. Diese Maßnahmen wirken allerdings nur mittel- bis langfristig. Lassen Sie sich daher frühzeitig beraten, um Ihr Unternehmen auch nach dem Erbfall in der Familie halten zu können.
Bearbeitungsgebühren für Darlehensverträge vor 2011
Banken verlangten in der Vergangenheit beim Abschluss von Darlehens neben den Zinsen ein “Bearbeitungsentgelt”. Diese Bearbeitungsentgelte durften die Banken nach einem Urteil des BGH (vom 13.05.2014, Az.: XI ZR 170/13) nicht verlangen.
In der Folge vertraten viele Banken die Auffassung, dass die Bearbeitungsgebühr nur für Verträge ab dem Jahr 2011 zurückzuzahlen wäre, denn der Rückzahlungsanspruch sei bei früheren Verträgen bereits verjährt. Zwar hätte die Bearbeitungsgebühr nicht gefordert werden dürfen, dies hätten die Darlehensnehmer aber auch wissen können. Daher hätte die Verjährung nach § 199 Abs. 1 BGB bereits mit Zahlung der Gebühr zu laufen begonnen. Nach drei Jahren wäre daher nach § 195 BGB Verjährung eingetreten.
Diese Argumentation ist den Banken nunmehr abgeschnitten. Mit zwei Urteilen vom 28.12.2014 (Az.: XI ZR 17/14 und XI ZR 348/13) hat der BGH entschieden, dass der Rückzahlungsanspruch für Altverträge noch nicht verjährt ist. Erst im Jahre 2011 hätten Oberlandesgerichte begonnen, die Forderung von Bearbeitungsentgelten als unwirksam einzustufen. Erst ab diesem Zeitpunkt hätten Darlehensnehmer die Unwirksamkeit kennen können.
Die Folge dieser Entscheidungen ist, dass die Verjährung des Rückzahlungsanspruchs für Verträge aus den Jahren 2005 bis 2011 erst zum 31.12.2014 eintreten wird.
Wer also seinen Rückzahlungsanspruch aus einem Altvertrag geltend machen will hat noch bis Jahresende Zeit. Spätestens Ende des Jahres sollten daher gerichtliche Schritte eingeleitet werden.
Wer ein Privates Facebook-Profil gewerblich nutzt, kann abgemahnt werden
Eine Facebook-Nutzerin hatte auf ihrem privaten Facebook-Profil Werbung für ihr Unternehmen gepostet. Sie hatte insbesondere für eine große Zahl von Veranstaltungen geworben, welche sie selbst kostenpflichtig organisierte. Ein Konkurrent hielt dies für Wettbewerbswidrig und mahnte sie ab.
Zu Recht, entschied das Landgericht Baden-Baden mit Urteil vom 18.06.2014 (Az.: 5 O 6/14 KfH, rechtskräftig). Ein privates Facebook-Profil, das Werbung für das eigene Unternehmen enthält, hat gewerblichen Charakter. Dies hat Wettbewerbsrechtlich erhebliche Auswirkungen.
Durch das private Facebook-Profil wird der gewerbliche Charakter entgegen § 4 Nr. 3 UWG verschleiert. Außerdem gilt für gewerbliche Profile die Impressumspflicht nach § 5 TMG, das Fehlen ist ein Wettbewerbsverstoß nach § 4 Nr. 11 UWG.
Bezüglich einer weiteren Internetseite wurde bemängelt, dass entgegen § 5 Abs. 1 Nr. 6 TMG keine Umsatzsteueridentifikationsnummer (Ust.-ID) nach § 27a UStG angegeben war. Auch dies hielt das LG Baden-Baden für einen Wettbewerbsverstoß nach § 4 Nr. 11 UWG.
Der Gegenstandswert des Unterlassungsanspruchs wurde auf € 5.000,00 festgesetzt.
„Mediationsklausel“ der DEURAG ist unwirksam
Die DEURAG bietet seit kurzem einen Tarif mit dem Namen „M-Aktiv“ an. Nach den Versicherungsbedingungen will die DEURAG außergerichtlich nur die Kosten eines Mediators übernehmen, nicht jedoch eines Rechtsanwalts. Den Mediator darf der Kunde sich auch nicht selbst aussuchen, sondern er wird vom Versicherer vorgegeben. Und auch die Kosten eines Prozesses will die DEURAG nur übernehmen, wenn vorher der von ihr benannte Mediator angerufen wurde.
Diesen Vertrag als „Rechtschutzversicherung“ zu verkaufen, halten wir für äußerst gewagt.
Für Rechtsschutzversicherungen gilt das Recht der freien Anwaltswahl nach § 127 VVG sowie nach Art. 4 Abs. 1 der RL 87/344. Nach den Bedingungen darf der Versicherungsnehmer aber keinen Anwalt, sondern lediglich einen Mediator beauftragen. Der Unterschied ist gravierend. Der Mediator wird für beide Parteien tätig, darf den Versicherungsnehmer also gerade nicht über seine Rechte belehren. Der Anwalt hingegen vertritt nur die Rechte seines Mandanten, kann ihn also auch über seine Rechte beraten.
Besonders gravierend ist, dass die Mediationsklausel auch für das Arbeitsrecht gilt. Im Falle einer Kündigung muss der Arbeitnehmer nach § 4 KSchG innerhalb einer Frist von drei Wochen Klage erheben. Ist diese Frist verstrichen, so kann die Kündigung nicht mehr angegriffen werden. Hierauf darf der Mediator strenggenommen aber nicht hinweisen, da er für beide Seiten tätig wird. Im Ergebnis dürfte diese Klausel also dazu führen, dass versicherten Arbeitnehmern die Chance genommen wird, gegen eine unberechtigte Kündigung vorzugehen.
Das LG Frankfurt/Main hat nunmehr mit Urteil vom 07.05.2014 (Az.: 2-06 O 271/13) entschieden, dass die Mediationsklausel unwirksam ist, die DEURAG also auch die Anwaltskosten übernehmen muss.